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Sie werden von übergeordne- ten Autoritäten bestimmt, den Eltern zum Beispiel und/oder der Politik. Königin Elizabeth hat diese Machtlosigkeit mit uns gemeinsam. Ich achte sie als Frau und Mutter, und ich achte ihre entschiedene Hingabe an die Rolle, die man ihr 1952 zugewiesen hat, dem Jahr, in dem ich geboren wurde.“1 Der Maler, Bildhauer, Dichter und Philosoph Simon Raab wurde 1952 im französischen Toulouse geboren. Die Mutter stammt aus Luxemburg, der Vater aus der ehemaligen Tschechoslowakei. Raab wächst in Kanada auf, studiert Oberflächenphysik und Maschinenbau in den USA und Kanada und promoviert anschließend an der McGill University in Montreal. Die Kunst ist ihm nicht fern, die Technik aber näher: Raab gründet 1982 die Firma FARO Technologies, ein globales Unternehmen, das sich auf biomechani- sche Geräte und lasergestützte Präzisionsmessinstrumente spezialisiert. Erst nach und nach konkretisiert sich die Idee eines Kunstwerks, das weder reine Malerei noch reine Skulptur ist: Parleau ist eine Mischform, in der sehr konkrete gegenständliche Bilder nach fotografischen Vorlagen mit Polymerfarben auf Aluminium- und Stahlblech übertragen werden, um sie danach mit einem Presslufthammer und anschließend noch mit einem normalen Hammer zu bearbeiten, bis sie jene reliefartige „Bildform“ annehmen, die in einen Holzrahmen passt (oder ihn sogar überlappt). Es entsteht eine an Wasserspiegelungen erinnernde Oberfläche – par l’eau –, denn die Biegungen und Reliefs folgen den Bildkonturen so, als gäbe es eine Brechung in klarem Wasser. Die lebhaften Polymerfarben tragen dazu bei, dass sich die Bilder (meist sind es Porträts) erst nach und nach auf der Netzhaut des Zuschauers formen und die Reliefs umso deutlicher erscheinen, je entschie- dener das Auge sich das Chaos der „gebrochenen“ Linien zum Bild komponiert.Während sich etwa in den drei Parleau-Bildern der Königin Elizabeth II. – von der Krönung über ein Altersporträt bis hin zum post- humen Schädelbildnis (Royal Skullduggery) – die verschiedenen „gekräuselten Oberflächen“2 so organi- sieren, dass zugleich die Vergänglichkeit der menschlichen Existenz explizit angesprochen wird, ist es beim Parleau Newton’s Apple eher die ironisch gebrochene Geschichte seines „Apfels“, die im Vordergrund steht: Sie besagt, dass Isaac Newton beim Nickerchen unter einem Baum von einem herabfallenden Apfel am Kopf getroffen wurde – für ihn begann damit das Nachdenken über die Gravitationsgesetze,3 die neben seiner Infinitesimalrechnung zu den bahnbrechenden Entdeckungen des Mathematikers, Physikers und Philosophen gehören. Es scheint also eine geheime Gesetzmäßigkeit darin zu liegen, dass Simon Raab für seine Kunst einer- seits das Private, andererseits das Politische und schließlich das Wissenschaftliche indirekt als die wich- tigsten konstituierenden Elemente indiziert. Isaac Newton hält in seinem Werk den angebissenen Apfel dem Publikum entgegen (als wäre er gerade vom Baum der Erkenntnis gepflückt), während ein anderer Wissenschaftler, nämlich Freeman Dyson (Autor zahlreicher Erfindungen in Quantenmechanik, Quanten- elektronik und Mathematik) nur intensiv in den Zuschauerraum blickt. Raab hat verstanden, dass der Physiker Dyson4 möglicherweise der Einzige ist, der zur Problematik der Erwärmung der Atmosphäre etwas Wesentliches beitragen kann, hat er sich doch ausgiebig mit den Möglichkeiten des Lebens auf anderen Planeten beschäftigt. Logischerweise ist also der Respekt gegenüber den Porträtierten einer der wichtigsten Aspekte in Raabs Werk, denn dieser allein scheint das vermeintliche Chaos – der Welt, des Wissens und des Seins – bändi- gen zu können. Ansonsten „… sehen (wir) einen Raum, der sich verzerren lässt, Partikel, die sich an zwei Orten gleichzeitig befinden, und fließende Wahrscheinlichkeiten. Wer der Realität wirklich nahe kommen will, muss seine Vorurteile und falschen Verankerungen aufgeben.“5 Die reflektierten Äußerungen und Postulate von Simon Raab zu seinem Werk stehen in einer guten Tradition der englischen Malerei: Bis heute begleiten – wie einst bei William Blake – philosophische und künstlerische Überlegungen die Werke englischer (aber auch amerikanischer und kanadischer) Künstler. Sie sind so etwas wie ein permanenter Begleiter der eigenen künstlerischen Entwicklung. Das Biografische und dasAtmosphärische Von Isaac Newton zu Königin Elizabeth II.und Freeman Dyson