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Man denke nur an Leonardo. Heute hält die uninformierte, kon- ventionelle Öffentlichkeit trotz so verräterischer Begriffe wie „die ärztliche Kunst“ Labor und Atelier für unvereinbare, sich gegenseitig ausschließen- de Räume. Simon Raab wechselte als Erwachsener ständig zwischen Labor und Geschäftsräumen und schaffte es damit auf die Seiten von Fortune Magazine und Business Week. Sein größter Erfolg, so sagt er ohne jede fal- sche Bescheidenheit, sei die Dankbarkeit der Patienten für die Erfindun- gen, die ihr Leben gerettet haben. Dieses Lob war der konkrete Beweis dafür, dass er als Sohn die Träume seines pragmatischen Vaters erfüllt hatte. Und das gab ihm die Freiheit, seinen eigenen Traum von einem Leben als Künstler zu erfüllen, einen Traum, den er dreißig Jahre aufge- schoben hatte. „Stil ist Charakter“, wie Baudelaire zutreffend sagte. Aber auch das Gegen- teil ist richtig: Charakter ist Stil. Simon Raab geht mit der Einstellung und Methode des Wissenschaftlers an seine Kunst heran. Und tatsächlich geht es bei der „wissenschaftlichen Methode“ um genau das, was Jasper Johns riet: „Mach was. Dann mach was damit. Und damit machst du dann wieder was.“ Und beobachte und erwäge dabei stets die Konsequenzen des eige- nen Tuns. Diese wissenschaftliche Haltung hat eine besonders tröstliche Neben- wirkung. Im Atelier ist das Gefühl des Scheiterns oft entmutigend, vor allem für die ungefestigte Persönlichkeit der – meist jungen – Künstler, für die das Spiel noch neu ist und die sich verzweifelt um Originalität bemü- hen. Im Atelier wird Scheitern nur allzu leicht als persönliches Scheitern erlebt. Ganz anders dagegen im Labor, wo das Konzept eines gescheiter- ten Experiments nicht existiert. Es kommt vor, dass ein Experiment im Labor allen Erwartungen gerecht wird und die eigenen Annahmen verifiziert. Fortschritt aber basiert auch und immer darauf, festzustellen, was nicht geht. Was nicht läuft wie geplant, kann verworfen werden, weil es nicht der richtige Weg zum vorge- gebenen Ziel ist. Aber das darf man keinesfalls mit uneingeschränkter Ablehnung verwechseln. Empirie erfordert ein scharfes Auge und einen offenen Geist. Als Sir Alexander Fleming die Schimmelsporen entdeckte, die zufällig den Weg in seine Petrischale mit Bakterienkulturen gefunden hatten, hatte er zwei Möglichkeiten. Er hätte erstens sagen können: „Oh je, meine Kultur ist ruiniert. Wirf sie weg.“ Das wäre die schlechte Möglichkeit gewesen, denn in Wahrheit war nichts ruiniert, sondern etwas ganz Neues kam in die Welt. Der gute Alexander Fleming fragte sich, warum die Bakterien in der Nähe des Schimmels nicht wuchsen, und er fand die Antwort: Penicillin. Die zwei Leben des Simon Raab – als Wissenschaftler und jetzt als Künstler – lassen sich in einem einzigen Begriff zusammenfassen: Erfinder. Aber weil wir in einer Kultur leben, die den Schock des Neuen preist, muss man hier eine sinnvolle Unterscheidung treffen. Erfolgreiche Erfindungen sind nicht bloß neu. In ihnen manifestiert sich eine zielbewusste Originalität. In meiner Erfahrung als Kritiker stellen die Parleaux eine einzigartige Kunstform dar, auch wenn es nicht neu ist, auf Metall zu malen, denn das gibt es schon seit der Erfindung der Ölfarbe, die ursprünglich dazu gedacht war, Möbel und Panzer anzustreichen. In der Kunst haben Gemälde auf Metall ihre eigene Schönheit, wie die besondere Leuchtkraft zeigt, die eini- ge der „schwarzen Bilder“ Goyas auszeichnet. Man könnte jetzt einwenden, dass Raabs Arbeit mit Farbe auf bearbeiteten Stahlblechen seine Parleaux zu entfernten Verwandten der „Dentos“ des Post-Popart-Künstlers Billy Al Bengston mache. Aber Raab kennt diese Verwandtschaft nicht, und das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Bengstons Dentos Jahrzehnte früher unter der Sonne Südkaliforniens ihre große Zeit hatten: ein Strohfeuer und der klare Beweis, dass Neuheit an und für sich nur von geringem Wert ist.